Frauen im Management ist keine Männersache
Andrea Gensel leitet als Geschäftsführerin seit 2002 die Hamburger und Lübecker Personalberatung Job-Campus® und besetzt mit ihrem Team Managementpositionen bundesweit.Als weibliche geschäftsführende betriebspsychologische Unternehmens-beraterin arbeitet sie meist für männliche Manager. Frauen auf Führungsebene, wie Andrea Gensel, sind rar gesät. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat für das Handelsblatt eine Blitzumfrage durchgeführt, wonach 52 Prozent der Deutschen staatliche Vorgaben bezüglich der Einführung einer Frauenquote für erforderlich halten. Doch sicher wurden nicht die Deutschen befragt, die mit Personalauswahl und den Sorgen des Fach- und Führungs-kräftemangels täglich konfrontiert sind. Sonst wäre das Ergebnis deutlich ein anderes.
Ist die Frauenquote wirklich der Schlüssel zum Erfolg? Andrea Gensel äußert sich skeptisch: ?So eine aufgezwungene Quote würde die deutsche Wirtschaft ausbremsen und ernsthaft gefährden. Nicht geeignete Frauen in Positionen heben, die sie weder fachlich noch persönlich ausfüllen können, würde die Wettbewerbsfähigkeit und viele Arbeitsplätze (auch von Frauen) stark gefährden. Ähnlich unsinnig - jedoch weniger gefährlich - war die Entscheidung ein Allgemeines Gleichstellungsgesetz einzuführen.? Aus ihrer beruflichen Erfahrung weiß Andrea Gensel, dass die Besetzung von Arbeitsstellen mit Leitungsfunktion schwierig geworden ist. In Zeiten des Fachkräftemangels haben die Personaler keine Auswahl mehr zwischen mehreren passenden Kandidaten. ?Heute sind selbst Personal-berater froh, überhaupt eine fachlich und persönlich geeignete Führungskraft zu finden. Und dieses geschieht fast ausschließlich nur noch über das direkte Abwerben aus anderen Unternehmen?, so Gensel. Wie soll man dann eine Frauenquote erfüllen? Bewerbungen von Frauen für Geschäftsführungsvakanzen oder Bereichsleiterposten liegen bei niedrigen 1-2 Prozent
Andrea Gensel hat in ihrer langjährigen Tätigkeit als betriebspsychologische Unternehmens-beraterin so gut wie keine Frauenfeindlichkeit von Seiten der Männer erlebt. Im Gegenteil. Viele der Job-Campus® Kunden wünschen sich mehr Frauen im Management. Gerade diesen Monat hat zum Beispiel die Lübecker Hafengesellschaft mit Unterstützung von Job-Campus® eine Managerin, eine Bereichsleiterin, eingestellt. ?Die Wahl traf auf die Dame, weil sie die beste Kandidatin war. Fachlich sowie in ihrer Führungskompetenz. Und nur diese Kriterien zählten?, meint Gensel. Aus Erfahrung weiß sie, dass viele Unternehmen Frauen ins Management holen würden, wenn es diese denn gäbe oder diese geeignet wären. Es wird in der Gesellschaft oft angenommen, dass das Management Frauen ausschließt oder dort nicht haben möchte. ?Dieses ist einfach nicht richtig. So sprechen die, die noch nie in Auswahl-prozesse involviert waren?, so Gensel. Argumente von Frauen wie: ?Frauen sind halt nicht so durchsetzungsstark wie Männer und zudem bescheidener? beantwortet Gensel mit ?dann sind sie ohnehin nicht geeignet für eine Führungsrolle?.
Andrea Gensel, Mutter zwei erwachsener Kinder, hat es selbst erlebt wie schwierig es ist in Deutschland, Karriere und Kinder zu vereinbaren. Dennoch trennt sie deutlich zwei Probleme: zum einen die noch sehr dürftige familienfreundliche Unterstützung von Seiten der Politik und den Unternehmen und zum anderen die frustrierten Unmutäußerungen und Vorwürfe von Frauen, welche in Richtung der männlichen Gesellschaft gehen. Andrea Gensel sagt: ?Frauen selbst sehen sich leider häufig als Opfer der Männerwelt. Und wer sich so fühlt, gibt sich auch so. Ein großer Anteil liegt ? neben der politischen und unter-nehmerischen Unterstützung zur Vereinbarung von Kind und Beruf ? noch immer im Selbst-bild und Selbstverständnis der Frauen. Es wird von Emanzipation geredet, gelebt und vor allem gefühlt, wird sie noch wenig. Das ist jedoch nicht Schuld der Männer. Es ist zum Großteil die Entscheidung von Frauen. Die Frage ist eher, ob wirklich so viele Frauen in solche Positionen wollen wie gesellschaftlich angenommen. Die Möglichkeit hätten sie heute im Jahr 2011?.
Vielleicht liegt der Mangel an Frauen in Führungspositionen auch an ihrer Einstellung? Der innere Drang, eine Machposition innehaben zu wollen, findet sich häufiger bei Männern. Oftmals verbindet die Führungskräfte aus Politik, Medien und Wirtschaft eine gewisse narzisstische Persönlichkeit ? denn eine Person mit Führungsstärke muss gewisse Eigenschaften aufbringen, weiß Andrea Gensel: ?Neben der fachlichen Eignung müssen Führungskräfte unter anderem über Durchsetzungsvermögen und die Bereitschaft Präsenz zu zeigen verfügen. Bei Widerständen müssen sie in die Offensive gehen können und in der Lage sein, Grenzen zu setzen und Entscheidungen zu treffen. Gerade diese Charakter-eigenschaft fehlt Frauen häufig. Frauen sollten nicht, wie allzu oft der Fall, darauf warten in eine Führungsposition geholt zu werden ? sie müssen sich selber dorthin begeben?, meint Andrea Gensel.
Seit Jahren setzt sich Andrea Gensel in der Männerwelt durch, erfährt hohe Anerkennung und berät diejenigen, denen unterstellt wird, dass sie Frauen auf Augenhöhe nicht akzeptieren. Sie selbst hat nie darüber nachgedacht, als Frau eventuell benachteiligt werden zu können. Vielleicht wurde sie es deshalb nie.