Spaß am Lesen vermitteln als gesellschaftliche Aufgabe: Zahlen in Deutschland schrecken auf

leo heißt Löwe und der ist bekanntlich zum Fürchten, wenn man ihm begegnet.

leo steht auch für Level-One Studie ? und auch deren Ergebnisse lassen erschaudern. Die Studie legt neue Zahlen zur Literalität, sprich: zu den Lesefähigkeiten der Deutschen vor. Bisher ging die Fachwelt geschätzt von einer Zahl von 4 Millionen funktionalen Analphabeten aus, Menschen, deren Lesefähigkeit auf Grundschulniveau liegen. leo legt offen: 14% der erwerbsfähigen Bevölkerung, also 7,5 Millionen Menschen in Deutschland sind funktionale Analphabeten. Das bedeutet, dass sie mit ihren Lese- und Schreibkenntnissen im Alltag nicht auskommen.

Leseförderung+Lesemotivation= Lesefähigkeit
?Das erschreckende Ergebnis ist auch Resultat verpasster Chancen,? zu dem Ergebnis kommt Ralf Beekveldt. Er ist Geschäftsführer eines international tätigen Verlages, der Lesematerial für Jugendliche und Erwachsene ?Nichtleser? herausgibt. ?Ich bin froh, dass in Deutschland jetzt die realen Zahlen offen liegen,? so der engagierte Unternehmer, der seit 16 Jahren in Sachen Leseförderung unterwegs ist. Sein Credo: wir müssen die Leselust fördern gerade bei denen, die nicht lesen können. Die bisherigen Angebote richten sich im Allgemeinen an Menschen, die ganz gute Grundkenntnisse haben. ?Wenn das Thema enttabuisiert wird, die Menschen aus ihrer Nische heraustreten
können und die Gesellschaft ihnen Hilfen und Unterstützung, geeignete Materialien und einen akzeptierten Raum anbieten, dann kann sich wirklich etwas ändern.?

Lesenkönnen hat persönlichen und gesellschaftlichen Nutzen.
Leo bestätigt: Menschen ohne Lesekenntnisse sind, werden und bleiben eher arbeitslos (Quote: 16,7%) und bekommen weniger Ausbildungschancen oder ergreifen sie nicht. Bemerkenswert ist, dass Männer 60,3% der funktionalen Analphabeten ausmachen. Neben den persönlichen Nachteilen wie mangelnde Anerkennung, fehlendes Einkommen und Schwierigkeiten im Alltag, ist auch der volkswirtschaftliche Schaden immens: öffentliche Unterstützung, Fachkräftemangel, Krankheitskosten ? die Liste ist lang, die Kosten nicht bezifferbar.

Gezielte Produkte motivieren zum Lesen
Die Produktpalette des Verlags, der in Deutschland unter dem Label ?Spaß am Lesen? auf dem Markt agiert, wendet sich an erwachsene und jugendliche funktionale Analphabeten ?Es ist ein Zumutung, wenn Erwachsene über Kinderbücher lesen lernen sollen,? so Beekveldt. ?Es geht uns um einfache Sprache, das heißt aber nicht, dass die Inhalte stupide oder naiv sind.? Die Skepsis, die einfacher Sprache entgegenschlägt, grenzt oft an Arroganz und betrifft Behörden, Medien und Betriebe gleichermaßen. ?Das macht es den Betroffenen noch schwerer, am öffentlichen Leben teilzuhaben.?
In den Niederlanden hat sein Verlag besonders mit Jugendbücher und Zeitschriften Erfolg. Darin werden aktuelle Themen aus Gesellschaft, Politik und Kultur aufgegriffen und in einfacher Sprache vermittelt. Lesen lernt man durch Lesen und wer nicht liest, verliert auch seine vorhandenen Fähigkeiten, das ist belegt. Daher plädiert Beekveldt für ein einfaches, kontinuierliches Trainingsprogramm. ?Dreimal in der Woche, besser jeden Tag 15 Minuten lesen, hilft bereits.? so Beekveldt. Und nicht nur der Lesefähigkeit an sich, denn Lesenkönnen steigert zugleich das Selbstbewusstsein, ist ein wichtiger Baustein für gesellschaftliche Integration und berufliche Chancen.

Leseförderung braucht gesellschaftliche und politische Rückendeckung
Aus seiner internationalen Arbeit weiß der Unternehmer, dass nur gesellschaftliches Engagement und politische Unterstützung eine reale Änderung bewirken können. ?Ich hoffe, der leo-Schock wird ein heilsamer und führt neue und alte Akteure zusammen, z.B. auch Betriebe, Gewerkschaften, Verbände und Unternehmen.? Die Fakten liegen jetzt auf dem Tisch, jetzt muss gehandelt werden.


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