Most wanted: Der „perfekte“ Azubi? Wie Betriebe die Berufsausbildung stärken

Die duale Ausbildung gewinnt angesichts vorhandener und absehbarer Fachkräfteengpässe an Bedeutung für ein strategisches Personalmanagement. Doch das Berufsausbildungssystem in Deutschland unterliegt derzeit einem massiven Wandel. Wie Unternehmen aktuelle Entwicklungen kreativ nutzen können, erläutern Fachberaterinnen und -berater der Industrie- und Handelskammer zu Köln und der DIHK-Bildungs-GmbH Bonn am Dienstag, 14. Oktober 2014, auf der Messe Zukunft Personal in der neuen Themenreihe „Berufliche Ausbildung“. Schirmherr der Veranstaltung ist der Personalmanagement-Vordenker Thomas Sattelberger.

„Die Rekrutierung qualifizierter Auszubildender wird immer schwieriger – unter anderem, weil sich junge Menschen häufiger für ein Studium entscheiden als früher“, erklärt Gregor Berghausen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer zu Köln. Doch die fortschreitende Flexibilisierung und Durchlässigkeit innerhalb der beruflichen Bildung biete zusammen mit staatlichen Förderinstrumenten in der Weiterbildung vielfältige Perspektiven für eine zukunftsweisende Personalarbeit. Wenn Schulen und die Wirtschaft noch stärker zusammenarbeiteten, entstünden diverse Synergien: Schulischer Unterricht richte sich näher an der Praxis aus, wirtschaftsorientierte Bildung erhalte praxisnahe Inhalte und Schüler würden fit für die Ausbildung. „Die Zukunft Personal, Europas größte Messe für Personalmanagement, ist eine ideale Plattform, um Personalverantwortlichen mit aktuellen Initiativen neue Impulse für ihre Ausbildungspraxis zu geben.“

Der richtige Azubi – jenseits von Schulnoten, auch in Teilzeit

Eine der Referentinnen der neu initiierten Themenreihe am ersten Messetag der Zukunft Personal ist Agnes Szymura, Ausbildungsstellenvermittlerin der IHK Köln, begleitet von Nina Krainz von der Bau- Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH & Co. KG, die aus Sicht der Praxis über die Erfahrungen mit dem Ausbildungsvermittlungsservice der IHK berichtet: In einer Art Vorauswahlgespräch mit den angehenden Auszubildenden oder dualen Studenten ermittelt die IHK, ob die Kandidaten zum gewünschten Profil von Unternehmen passen. „Zeugnisse sind dabei nicht alles. Es kommt vor allem auf die Persönlichkeit, die Motivation und den Ehrgeiz an“, so Szymura. „Wir bekommen zunehmend Bewerbungen von Kandidaten, die an einer Teilzeitausbildung interessiert sind – zumeist von Müttern.“ Unternehmen hätten diese Möglichkeit oft nicht im Fokus, sie biete aber einige Vorteile. „Teilzeitkräfte arbeiten meistens sehr effizient und verantwortungsbewusst.“

Berufsfelder erkunden – besser früh als zu spät

Wer sich an die Ausbildungsvermittlung wendet, hat zumeist schon eine klare Vorstellung vom
Berufswunsch. Doch die Berufsorientierung ist gleichwohl eine wichtige Stellschraube, um das Fachkräftepotenzial der Zukunft zu heben. „Studien zufolge verteilen sich knapp 40 Prozent der Jugendlichen immer nur auf die zehn bekanntesten Ausbildungsberufe“, erklärt Torsten Schmitt vom Koordinierungsbüro „Übergang Schule-Beruf“ im Rheinisch-Bergischen Kreis. Dort läuft seit 2012 erfolgreich die Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ mit dem Standardelement „Berufsfelder erkunden“, das Schmitt auf der Messe in Köln vorstellt: Schüler der Jahrgangsstufe acht sollen an drei Praxistagen drei Berufsfelder in verschiedenen Betrieben kennen lernen. „Wir haben über 400 Berufsbilder in unserer Systematik und erhoffen uns damit, die Berufsperspektive der jungen Menschen zu weiten“, so der Koordinator der Berufsfelderkundung. Das biete deutliche Vorteile für Unternehmen. Die Jugendlichen könnten dabei auch unbekanntere Berufe für sich entdecken. Zudem hätten Arbeitgeber damit die Möglichkeit, Kandidaten frühzeitig kennen zu lernen, für ein Praktikum zu begeistern und für die Ausbildung zu gewinnen.

Viele Vorteile auf einen Streich: Kooperationen von Schule und Wirtschaft

Dass die Kooperation von Schulen und Wirtschaft noch viele weitere Facetten hat, demonstriert Carolin Philipp, Koordinatorin Schule/Wirtschaft der IHK Köln. „Derzeit gibt es 660 nachhaltige Lernpartnerschaften im IHK-Bezirk Köln“, nennt Philipp ein Beispiel. Zudem gingen IHK-Vizepräsidenten an Schulen, um mit den Jugendlichen über ökonomische Themen wie „Soziale Marktwirtschaft“ oder Berufsmöglichkeiten in verschiedenen Branchen zu diskutieren. Weitere kooperationsunterstützende Instrumente, die in dem Vortrag zur Sprache kommen, sind das IHK-Mitmach-Portal tecnopedia zu MINT-Aktivitäten, die Junior Management School zur Berufsorientierung und der IHK-Online-Test „Handelsblatt macht Schule“, der das Verständnis für ökonomische Zusammenhänge unter Schüler der Oberstufe stärken soll. Wie eine Kooperation von Schule und Betrieb konkret aussehen kann, erläutert Rolf Slickers, General Manager von Pullman Cologne: Die Hotelkette arbeitet eng mit der Theodor-Heuss-Realschule in Köln zusammen.

Fachkräfte mit ausländischem Berufsabschluss gewinnen

Neben einer Ausbildung im eigenen Betrieb bietet auch die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse noch deutliches Fachkräftepotenzial. „Wir gehen davon aus, dass in Deutschland zwei Millionen Menschen ihren Abschluss im Ausland erworben haben“, sagt Jasna Rezo-Flanze, Referentin für das Thema bei der IHK Köln. Seit 2012 gebe es das Gesetz für Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, demzufolge Unternehmen einen Antrag auf Gleichwertigkeitsprüfung stellen könnten. Rezo-Flanze erläutert diese Verfahren in ihrem Messebeitrag. Sie führt zudem aus, wie die Wirtschaft diese Möglichkeit annimmt und wie die IHK Arbeitgeber dabei unterstützt. Als weiterer Referent zu dem Thema ist Torsten Obert vom Personaldienstleister IPS Liesche mit dabei, der insbesondere im Berufsfeld Elektro eng mit der IHK zusammenarbeitet.

Diskussion mit Schirmherr Thomas Sattelberger

„Für mich ist das Thema berufliche Bildung seit 40 Jahren das Wichtigste in der Personalarbeit“, sagte der Vorstandsvorsitzender der Human Resources Alliance Thomas Sattelberger, der sein Berufsleben 1975 als Lehrlingsausbilder begann, kürzlich bei einer Veranstaltung der Zeitschrift „Personalwirtschaft“. Als Schirmherr der neuen Themenreihe „Berufliche Ausbildung“ begleitet der bekannte Personaler, der in der Vergangenheit unter anderem Vorstandsposten bei Continental und der Deutschen Telekom inne hatte, die Themenreihe nicht nur mit seinem guten Namen. Am zweiten Messetag der Zukunft Personal können ihn Besucher auf der Bühne erleben: Mit Katharina Heuer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V (DGFP), und Dr. Sascha Armutat, Leiter Strategie, Forschung und Politik, der DGFP berichtet und debattiert er über das gemeinsame Aktionsprogramm der Personalerverbände zur dualen Berufsausbildung.

Weitere Informationen erhalten Interessierte demnächst unter www.zukunft-personal.de/ausbildung.


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